Das Werkverzeichnis ändert sich zurzeit wenig. Die Arbeit an den Skizzenblättern wird noch lange dauern.
Was noch unvollständig ist, kann man an den gelegentlichen Meldungen von Auktionen ahnen: Die Zahl der Kopien von Großwerken, meist Denkmälern und Brunnen, die als Kleinskulpturen vorhanden sind, ist wohl viel größer, als uns bekannt ist. Gerade vom Fechter, aber auch vom Ringer und der Diana gibt es zahlreiche Nachgüsse. Wir wären sehr glücklich, wenn uns die Besitzer solcher Werke mitteilen würden, in welcher Größe sie die Skulpturen besitzen. Selbstverständlich wird eine Aufnahme in unser Verzeichnis mit ‚Privatbesitz‘ gekennzeichnet werden, so dass niemand auf den Besitzer schließen kann.
In diesem Jahr werden folgende Werke Hugo Lederers 100 Jahre alt:
2.1921.01. | 91er Löwe in Oldenburg |
4.1921.02. | Portrait Duttenhofer (auch Dudenhofer), zitiert im Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft 1922 |
4.1921.03. | Portrait Ulli Reich, zitiert im Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft 1928 |
4.1921.04. | Männlicher Studienkopf (lt.Übergabeliste Znaim eventuell Franz Stuck) |
2.1921.05. | Denkmal Potsdamerbrücke (Archiv Znaim) |
Wir werden uns damit beschäftigen, ob noch mehr Quellen zu diesen Werken zu finden sind. Vom Ergebnis werden wir berichten.
Aufmerksame Beobachter werden gemerkt haben, dass wir ein Foto entfernt haben. Uns war es fälschlich als Hugo Lederer mit Slevogt und Portrait übergeben worden. Wir haben es nicht angezweifelt, weil Hugo Lederer 1925 sehr krank war und schon so aussehen hätte können. Was wir übersehen haben: hier wird eine Bronzeskulptur gezeigt und Hugo Lederers Entwurf ist nach seiner schriftlichen Aussage zerfallen. Die Quelle führte uns in die Irre, denn sie war mit Hugo Lederer bezeichnet. Es ist also sehr schön, wenn unsere Arbeit aufmerksam begleitet wird. Was uns weniger gefallen hat, dass man uns mit Urheberrecht drohte, obwohl man selbst wenig sorgfältig arbeitete und gar nicht betroffen war. Wir werden aber weiter forschen, wie diese offensichtlich falsch bezeichnete Druckseite zustande kam.
Daran hätten wir eigentlich denken müssen! Aber in Wroclaw/Breslau ist er halt mit seinem Fechter präsent, gehört zum Leben dazu und wird geehrt. Niemand sonst hat uns erinnert. Dank an Schlesien! Wir kämpfen uns durch die Stapel Papiere und Internetmeldungen, suchen nach neuen Skulpturen, werden sogar fündig. Und dann versäumen wir solch ein Jubiläum! 80 Jahre Umgang mit einem Künstler, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts als einer der ganz Großen im Bildhauerbereich Deutschlands galt. Von ihm wollten viele Städte ein Denkmal, Industriemagnaten stellten Großskulpturen in ihren Firmen und Gärten auf (Krupp/Essen und Duisberg/Leverkusen, Chemiewerk in Aussig/Usti Nad Ladem/ heute ČZ), Vermögende kauften seine Skulpturen und einige legten Wert darauf, ihre Grabstätten von ihm entwerfen zu lassen. Das Grab Stresemanns ist ein besonderes Beispiel bis zum heutigen Tag. In vielen Städten stehen seine Denkmäler und Brunnen bis heute.
Bildhauer sind die Seismographen ihrer Zeit in der Öffentlichkeit!
Wucht und Größe in Dimension und Gehalt wird seiner Zeit nachgesagt. Bismarck (1906) und Fruchtbarkeitsbrunnen (1931) entsprechen dem, und wie! Kunsthistoriker nannten das Stil, und zwar wilhelminisch. Das war vor 50 Jahren, und sie meinten das sehr negativ. Großskulpturen gibt es heute auch, wo liegt da der Unterschied? - Im Urteil der Zeit. Wer wagt zu verurteilen? Mal zum Beispiel: Lüpertz‘ Beethoven in Wien… Letzthin tauchte Lederers Bismarck in einem Film der Serie ‚Die Kanzlei‘ schemenhaft über der Silhouette Hamburgs auf. Wow!! Und das wollen sie verkommen lassen…
Wehe, wenn Öffentlichkeit auf eine Skulptur nicht reagiert! Anerkennung, Missfallen sind dem jeweiligen Zeitgeist gemäß. Vernichtung, Zerstörung ist unrecht, es geht die Information verloren. Andere müssen sich ein eigenes Urteil bilden können!
Na ja, und dann gibt es natürlich auch Künstler, die werden einfach vergessen. Bei Hugo Lederer gibt es da noch keine Sorge. Zu viele Werke sind präsent in den Städten, in den Museen. Manches kennen nur Experten. Zu vielseitig ist sein Werk! Bismarck (1906, Hamburg) machte ihn berühmt, der Fechter (1904, Breslau/Wroclaw) bewies Lederers Fähigkeit, ganz anders zu erzählen. Die Schwerpunkte der Zeit zeigen sich einmal während des Krieges und danach in den sehr erstaunlichen Generalsporträts (Hindenburg, Litzmann), den vielen Kriegsehrenmalen im Stile des ‚Toten Kameraden‘ bis hin zu den Denkmälern nationalliberaler Politiker (Stresemann, Bassermann). Manches durchaus national, aber nichts NS!
Humor hatte er, ziemlich hintergründig. Das zeigt sich in den Tierfiguren (Bärenbrunnen, Berlin), aber auch im Fischermännchen (Aachen), beides leider nicht mehr original. In Znojmo/Znaim gibt es noch viele Tierskulpturen im Entwurf. Er war wohl täglich im Berliner Tiergarten. Auch da hat sich der Zeitgeist geändert. So zeigt er gewaltige Hirsche sowie Rehe als vermutlich zartere Geschöpfe, ganz im Sinne der bürgerlich geprägten Naturromantik. Seine Bärengruppen, das Spielerische der Jungtiere und die sorgsame Aufsicht der Muttertiere, zeugen von seiner Beobachtungsgabe und Zuneigung. Modern doch, oder?
Von seinem Verhältnis zu Frauen schrieben wir hier schon oft. Bleibt die Selbstverständlichkeit zu betonen, wie er dafür sorgte, dass eine relativ große Zahl für jene Zeit ihr Studium bei ihm absolvieren konnte. Es fällt auf, dass heute Männer, die sich etwas zu patriarchalisch Frauen gegenüber verhielten, gewiss sein können, genannt zu werden. Die sich fairer verhielten, will man nicht nennen! Ist das nicht genau das dort kritisierte Verhalten?
Anfangs dieser Arbeiten an der Website versicherten wir, hier kein Hochjubeln veranstalten zu wollen. Angesichts dieses Todesjubiläums stellen wir fest: Dieser Mann war ein Künstler der Zeit. Er dokumentierte auf sehr künstlerische Weise, was die Bürger um ihn dachten. Er musste um den Erfolg kämpfen. Die Zeitläufte haben ihm wohl manchen Verdienst geraubt, v. a. in der Inflation. Die schwere Erkrankung kostete ihn Reputation und Anerkennung. Die Moderne stempelte ihn zu etwas, was er nicht war: NS-Künstler. Es wird Zeit, das anzuerkennen. Wir haben uns durch die Quellen geforscht. Aus diesem Grund waren wir hier vorsichtig und hielten uns an die Darstellung aus der Familie.
Heute können wir ihm damit gerecht werden: Er war ein schöpferisch vielseitiger Künstler, der die Kennzeichen der Zeit darstellen wollte, was ihm ausdrucksstark gelang. Seine Geschäftstüchtigkeit dabei – eine echte Lederer-Eigenschaft – verhalf ihm zu Ansehen und Wohlstand, natürlich auch zu Gegnern. Seine enorme Arbeitskraft schuf eine große Zahl von Werken, die immer noch wirken. Seine Generation musste ihr Leben unter Männern mit Schlagworten gestalten, von der Monarchie über Demokratie bis zum Totalitarismus.
Für uns sollte das gesamte Wirken einer Person zur Bewertung beitragen, nicht Parolen, nicht griffige Wertungen. Dann kommt Hugo Lederer bestens weg!
Eine höchst seltsame Geschichte geschieht offensichtlich in Hamburg. Dort versucht eine Gruppe politisch Mächtiger die Renovierungsarbeiten am Bismarckdenkmal zu verhindern. Oh, hätten sie doch besser im Geschichtsunterricht aufgepasst! Bismarck hielt von Kolonialbesitz gar nichts. „Wir haben keine Flotte und keine passende Verwaltung!“ (Engelberg) Was ihn interessierte, war der Handel!
Die nun unterbrochene Renovierung wird nicht so schnell dieses Werk von Hugo Lederer zerstören, so dass vielleicht andere rechtzeitig besser entscheiden können. Denkmalstürzer sind genau so wenig produktive Politiker wie Kolonialisten. Information und Realitätssinn schafft dauerhafte Strukturen, das war Bismarcks Stärke! Er wurde verehrt wegen der Einigung Deutschlands. „ . . . unmöglich . . .als Soldat, Diplomat oder als der alte Herr aus Friedrichsruh“ darzustellen, sondern als „Verkörperung des Geistes einer großen Epoche und seiner eigenen unvergänglichen Taten“ (Puls). Genau betrachtet, war er allerdings nie ‚Deutscher‘ – er blieb stets Preuße! Geschichte sieht von später stets anders aus. Dass dies auch für heute gilt, sollten sich Kritiker merken, eigentlich wissen. Wie will man später ohne Augenschein erklären? Kopf ab und daneben platzieren? Ist das Kunst oder kann das weg? Ist Krieg oder Kolonialisierung nicht genau so Gewalt wie Kopf-ab? Bismarck war in seiner (!) Zeit Reichsgründer. Niemand kann Fehlerlosigkeit erwarten. Wie gesagt, außerdem war er vor allem Preuße!
Dass dies Hugo Lederer wusste, darf bezweifelt werden. Als geborener Österreicher verehrte er Bismarck wegen seiner Reichsgründung. So nebenbei darf man gerade bei diesem mächtigen Werk erwähnen, dass Lederer durch seine Nähe zu den vielen benötigten Steinmetzgesellen sehr genau wusste, wie es um die arbeitende Bevölkerung stand. „... täglich 400 Eisen stumpf geschlagen“ (Stahl). Was für eine gewaltige handwerkliche Arbeit! Und es waren Hamburger Kaufleute, die sie bezahlten. Warum?
Was viele Kunsthistoriker nicht beachteten: Lederers Freundschaft zu sozial, ja sozialistisch denkenden Künstlern, Journalisten etc. nahmen ihm die Nazis übel. Goebbels verhinderte Aufträge an ihn. (Beweis: Werkzahlen in den 30 er Jahren, s. a. Werkverzeichnis). Falls diese Meinungen auch noch in Hamburg kursieren: Hugo Lederer war kein Nazi-Künstler. Es war eher umgekehrt: Diese nützten seinen Ruhm zu eigener Reputation.
Fanatiker bauen nicht auf. Sie beweisen durch ihre Zerstörungswut den Mangel an künstlerischer Kraft. Dass letztere dem Zeitgeist entspricht, ist eine Binsenweisheit. Aber Künstler sind die Gestalter der Sicht auf die jeweilige Gesellschaft und damit besondere Zeitzeugen. Will man sie wirklich eliminieren?
Erneut werden wir überrascht fündig: Mit Oscar Bie verband Hugo Lederer wohl sehr viel, denn es gibt Berichte aus dessen kulturpolitischer Feder. Und: Oskar Bie war Jude und NS-Verfolgter. Wieder ein zufällig gefundener Beweis, dass Lederers Kritik verbal hart sein konnte, nicht aber seinen Antisemitismus beweist. Das ist viel differenzierter. Oskar Bie, dessen Büste er 1917 schuf, die uns im Originalbild leider (noch) nicht bekannt ist, verweist auf eine intensive Beziehung. Wir sind gespannt, ob sie noch existiert.
Einmal aufmerksam die beiden Figuren beobachtet, sieht man, wie anders Hugo Lederer die Figur sah: links die Nachschöpfung des Heinrich-Clemens Dick (fotografiert 1996, G. Preiß), rechts eine Postkarte mit dem Originalfigürchen. Das ist schon etwas eigenwilliger gestaltet!